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Sofi hatte sich Anna-Lena Sjölin ganz anders vorgestellt und war von dem altmodisch im Nacken zusammengebunden dunkelblonden Haar überrascht. Auch sonst wirkte sie weich und fließend. Beim Anblick ihrer Fotografien hatte sie Schärfe und Kontrast erwartet.
Im Krankenhaus ließ sie Anna-Lena den abgedunkelten Raum zunächst allein betreten. Eine leere Zeit lang saß Sofi auf der Bank im Korridor, bis sich die Tür zu Lovisa Zimmer öffnete und Anna-Lena wieder heraustrat.
„Sie weiß es. Die Ärzte haben es ihr gesagt.“
Vor den beiden Fenstern waren die Rolladen soweit zugezogen, dass die Nachmittagssonne nur ein Streifenmuster auf die gegenüberliegende Wand werfen konnte. Lovisa saß mit aufgerichteter Rückenlehne in ihrem Bett. Im Gegensatz zu ihrer Mutter war ihr Haar glatt und klebte vom tagelangen Liegen am Kopf, der von einer Halsmanschette gestützt wurde. Ihre linke Schulter lag vom Handgelenk bis hinauf zum Hals in einer Stützkonstruktion.
Sofi stellte eine belanglose Genesungsfrage, die Lovisa mit einem leichten Lallen beantwortete.
„Kannst du dich an den Abend erinnern?“
„Ja. Mir ist schwindelig geworden. Die Frau hat mir geholfen. Sie wollte mich hochziehen.“
„Ihr habt euch aber schon in dem Geschäft gesehen, oder? Hat sie etwas zu dir gesagt?“
„Ich weiß nicht, was sie gesagt hat. Sie hat Englisch geredet.“
„Weißt du, wo sie hergekommen ist?“
„Wir waren im 7-Eleven.“
Sofi sah ein, dass nicht mehr herauszuholen war. Lovisa hatte zu dieser Zeit schon eine starke Alkoholvergiftung gehabt. Da war es nach dem Unfall sogar erstaunlich, dass sie sich überhaupt an etwas erinnerte. Zum Abschluss fragte Sofi noch nach Gegenständen, die die Frau vielleicht bei sich gehabt hatte. Ein Telefon vielleicht, oder ein Portemonnaie. Aber Lovisa konnte sich nicht daran erinnern.